Sascha Schulz
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Eine kleine Leseprobe aus dem Buch, welches ich zur Zeit schreibe:

 

 

5.

„Ihr solltet das nicht essen!“

erklang es hinter Leonardo als er in den Apfel beißen wollte. Leonardo drehte sich um und spähte in den Schatten. Die Person, die dort saß, war schwarz gekleidet und trug dunkle Lederrüstung. Seine Ohren waren Spitz, was ihn als Elf entlarvte. „Und warum sollte ich das nicht tun?“, fragte Leonardo schnippisch.  „Weil Würmer in Äpfeln nicht sehr schmackhaft sind.“ Antwortete der Elf.  Leonardo schaute verdutzt auf den Apfel und sah einen kleinen Wurm, welcher den Apfel als sein Heim erkoren hatte. „Urghs!“, Leonardo verzog er sein Gesicht. Dann lachte er und winkte den Elf zu sich. „Ich bewundere immer wieder die scharfen Augen der Elfen, Sagorian!“, lachte er. „Ein wenig mehr Aufmerksamkeit hätte durchaus genügt“, grinste Sagorian und setzte sich zu Leonardo.
Sagorian war ein Priester der Fyvria. Er kombinierte magisches Wissen, Schwertkampf und Bogenschießen in eine Person. Lucretio, Leonardos Bruder, war der Oberste Priester der Fyvria und hielt große Stücke auf Sagorian. Trotz seiner manchmal arroganten Art und dem Umstand, dass er schnell in Rage gerät, hielt auch Leonardo viel von Sagorian.
„Was machst du denn hier?“, fragte Leonardo und schenkte Sagorian einen Becher Met ein. „Nun, ich bin auf dem We… “ Plötzlich wurde krachend die Tür geöffnet und lautes Lachen und Grölen war zu hören. Eine Gruppe von Männern und Frauen polterte in die Taverne. Sie waren bewaffnet mit Schwertern und Bögen und teilweise gerüstet. Ein derber Witz jagte den Nächsten bis der kräftig gebaute unter ihnen Sagorian und Leonardo erblickte. „Heeeee Leonardo altes Haus. Und Sagorian ist auch hier. Leute, ich glaube hier können wir billig trinken. Die feinen Pinkel laden uns sicherlich ein.“ Leonardo seufzte auf: „Och nein. Was wollen die denn hier?“ Leonardo verdrehte die Augen konnte aber das Lachen nicht zurückhalten. „Finnje, wie geht’s wie steht´s?“ fragte er und gab Willi ein Zeichen einige zusätzliche Stühle an den Tisch zu setzen. Finnje, Waibel der Infanterie des Orbalesischen Söldnerheeres, setzte sich als erstes und hatte sogleich einen Krug Met in der Hand. Er trug einen glänzenden Brustharnisch und wirkte mit seiner Figur sehr einschüchternd auf eventuelle Gegner. „Lass was übrig, Saufnase!“, sprach ein junger Mann mit einem Bärtchen um den Mund. Er wirkte wie in Spitzbube und seine Zunge war so spitz wie die Spitze seiner Pfeile. Er hörte auf den Namen Bandorin und war der Waibel der Bogenschützen desselben Söldnerheeres.
Einige weitere Gesichter erkannte Leonardo ebenfalls sofort wieder. Zum einen sah er Imion. Ein Elf mit grandiosen Fähigkeiten, was das Bogenschießen anging. Tara, die aus jedem Kraut etwas Nützliches brauen konnte und mit tödlicher Präzision ihre Armbrust beherrschte. Des Weiteren gesellten sich noch Dorian, Saphos und Shardush, der einzigen Ork in der Truppe, hinzu. „Wurde auch langsam Zeit, dass wir eine Rast einlegen!“, stöhnte Dorian und warf seine Schulterplatten mit den Armlingen in die Ecke. Manchmal verfluchte er seine Entscheidung zu der Schweren Infanterie zu gehen. Saphos grinste und lehnte seinen Zweihänder neben sich gegen die Wand. Auch er war wie Shardush, der sich brummend ein Stück Fleisch vom Teller vor Leonardo schnappte, Mitglied der Infanterie. „Ork, mach nicht solch eine Sauerei!“, sagte Imion und schüttelte den Kopf. Shardush schaute auf, grinste und biss herzhaft in das Fleisch, so dass das Fett nach allen Seiten hin spritzte. Leonardo sah sich von einer Übermacht umzingelt und beschloss nachzugeben. Er winkte Willi heran, der freudestrahlend die Bestellung der Tischrunde entgegen nahm.
„Was macht ihr soweit weg vom Erkundungslager? Gehen euch die Gelehrten dort auf den Keks?“, fragte Leonardo grinsend in die Runde. Bandorin winkte ab: „Neeee, wir haben uns mal frei genommen. Ansgar Macht zu Zeit eine Inspektion der Waffenkammer und er meinte, wir würden die ganze Zeit nur im Wege herumstehen. Dabei wollten wir nur helfen“ Er zog ein Gesicht, was sein Bedauern über die Nichtteilnahme der Inspektion wohl unterstreichen sollte. Er versagte vollkommen und er ersetzte sein Minenspiel durch ein Grinsen.
Ein lautes „Ah!“ ging durch die Runde, als Willi ein großes Tablett mit mehreren Krügen Met an den Tisch brachte.
Leonardo gründete vor zwei Jahren das Orbalesische Söldnerheer. Die Orbalesische Familie war schon immer eine Händlerfamilie und für alles offen, was Geld in die Kassen spülen könnte. Da Orbal kein stehendes Heer hatte und der Familie bekannt war, das Söldner auf dem Festland gut bezahlt wurden, beschloss Uther Geld in ein Söldnerheer zu investieren. Leonardo übernahm den Posten des Obersten und nahm Krieger, Waldläufer, Bogenschützen, Heiler und Magier in das Heer auf. Das Heer bezog Quartier im Erkundungslager, welches östlich von Flusstal lag. Das Gebiet ist noch weitgehend unerforscht und einige Gelehrte nutzen das Erkundungslager, um ihre Expeditionen zu planen und sich auszurüsten.
Nachdem das Heer halbwegs stand, gab Leonardo das Kommando an Ansgar weiter. Einem strengen aber gerechten Mann, der nun den Posten des Hauptmannes inne hat.
„Also..“ ,sagte Sagorian, um die Frage von Leonardo vor der Störung zu beantworten, „ ich bin auf dem We..“ Shardush stieß gegen den Krug von Tara als er nach einem weiteren Stück Fleisch greifen wollte. Der Krug fiel zu Boden und zersprang in tausend Scherben. Der Met floss zwischen den Holzbrettern des Fußbodens und verschwand. „Tollpatsch!“ erklang es gleichzeitig von allen Söldnern.
Shardush zuckte mit den Schultern und biss in sein erobertes Fleisch. Sagorian räusperte sich und schaute verärgert zu Shardush: „ Ich bin auf dem We..“. „Hört ihr das?“ rief Leonardo. Sagorian ließ sich entnervt gegen die Rückenlehne seines Stuhles fallen. Die Söldner schwiegen und lauschten. „Klingt als würde mein alter Herr pinkeln, Leonardo. Äußerst aufregend!“ murmelte Finnje. „Quatsch, es klingt tief“, sagte Leonardo und schob den Tisch beiseite. Dort wo der Met zwischen den Brettern geflossen war, hörte man ein Geräusch von tief fallendem Met. „Mh..du hat Recht“, sagte Tara. Willi kam heran und wunderte sich, warum die Söldner so ruhig waren und warum Leonardo auf allen Vieren herumkroch. „Öhm, kann isch helfen?“ fragte er. „Sag mal Willi“, sagte Tara, „ gibt es unter der Taverne einen Brunnen oder so was?“ Willi überlegte. „Mh..nö.. Nit dat isch wüsste. Der Boden war schon drin, bevor Bertha und isch den „Lachenden Troll“ eröffnet han. Dat Haus wurde auf den Ruinen eines alten Hauses jebaut. Nischt wahr Bertha?“. „Klar dat!“, ertönte es aus Richtung Tresen.
Leonardo zog an einem Bodenbrett und merkte, dass es locker war. „Macht mal Platz!“, sagte er und löste mit einem Ruck das Brett. Unter dem dichten Staub, der zum Vorschein kam, konnte man ein feines Gitter aus Eisen erkennen. „Interessant!“, sagte Saphos, als er über Leonardos Schulter blickte, „Moment, das haben wir gleich.“ Saphos griff zu seinem Zweihänder und alle gingen in Deckung. Verwundert schaute er zu seinen Kameraden und klemmte das Schwert unter die anderen Holzbretter. Ein Brett nach dem anderen löste er durch einen kräftigen Ruck seines Schwertes, bis das Gitter komplett frei lag. Die Öffnung, die das Gitter verschloss, war groß genug um einen Menschen durchzulassen.
„Willi, bring mir eine Laterne“, befahl Leonardo, während Saphos das Gitter löste.
Bertha schob die neugierigen Gäste hinaus, bis die Söldner, Sagorian und Leonardo alleine im Schankraum waren.
Willi brachte eine Laterne und schaute neugierig zu, wie Leonardo die Laterne in den dunklen Schacht hielt. „Es geht ungefähr 4 Meter hinab. An der Schachtwand ist eine Leiter aus Eisen befestigt. Ich steige mal hinab.“



6.

Es regnete schon seit Stunden und die dunklen Wolken am Himmel zeigten deutlich, dass sie nicht vorhatten, in nächster Zeit der Sonne etwas Platz zu schaffen. Die Straßen, sofern man von Straßen sprechen konnte, bestanden nur noch aus Schlamm und undefinierbaren Dreck, von dem man sich am Besten fern hielt, um nicht an irgend einer Infektion zu sterben. Blutheim konnte man getrost als Schandfleck Orbals bezeichnen. Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Schurken und Halsabschneider am Fuße der Blutfeste niederließen. Wie die Fliegen schwirrten sie umher und hofften auf lukrative Aufträge der Dunklen Paladine. Bald gesellten sich Huren und Glücksritter hinzu. Aus dürftigen Hütten wurden befestigte Häuser. Tavernen wurden eröffnet und wenn man Glück hatte überlebte man einen Tavernenbesuch, ohne ein Messer im Rücken zu haben. Fäkalien schwammen in den Straßen und in manch dunkler Gasse mischte sich der Gestank der Straße mit dem verwesenden Geruch eines Unglücklichen, der besser einen großen Bogen um Blutheim gemacht hätte.
Es war wenig los in den Straßen. Einige Betrunkene torkelten von einer Straßenseite zur Anderen und ab und zu sah man ein leichtes Mädchen, das einen potentiellen Freier ansprach, um sich einige Münzen zu verdienen.
Sie alle bemerkten nicht den Schatten, der versuchte so unauffällig wie möglich durch die Straßen Blutheims zu schleichen. Der Schatten trug zerrissene Kleidung und würde bei einem Wettbewerb „Der schäbigste Bettler Orbals“ mit Abstand den ersten Preis gewinnen. Feron lebte seit sechs Monaten in Blutheim. Nachdem er seine Ausbildung als Schwertwächter des Fyvria Ordens erfolgreich beendet hatte, konnte er es kaum erwarten, endlich einen Auftrag zu bekommen. Als er dann von Lucretio gerufen wurde und Uther von Orbal Höchstselbst anwesend war, wollte sein Herz vor Freude und Tatendrang zerspringen. Sie sprachen von einer geheimen Mission. Niemand durfte davon erfahren. Es lauern Gefahren und er müsse damit rechnen auch Gewalt anzuwenden. Nun, dafür wurde Feron jahrelang ausgebildet. Er war bereit. Sie erzählten von der Blutfeste. Wie Uther vor Jahren Dunklen Paladinen gestattete, sich in Orbal niederzulassen. Wie sie die Aufgabe übernahmen, die östliche Grenze zu schützen und die Orbalesische Mauer wieder aufzubauen. Wie die Dunklen Paladine eine Ruine zu einer Festung ausbauten und durch die vielen tödlichen Unfälle bei den Bauarbeiten die Burg den Namen „Blutfeste“ erhielt. Wie die Dunklen Paladine mehr und mehr Leute um sich scharrten und ihre Macht im Osten Orbals immer stärker wurde. Lucretio erzählte ferner von Gerüchten, die ihm zu Ohren gekommen waren. Gerüchte, die ihm überhaupt nicht gefielen…

Feron zog seinen durchlöcherten Mantel über den Kopf, um ein wenig Schutz vor dem Regen zu finden. Er hasste die Stadt und doch ließ sie ihn nicht los. Sie wirkte auf ihn wie ein lebender Organismus: Sie verschlang geradezu die Menschen in ihren verwinkelten Gassen und sie gierte nach mehr Opfern. So abstoßend Blutheim auf den ersten Blick wirkte, so faszinierend war sie auch. All das Treiben, all die verschiedenen und exotischen Menschen wirkten wie ein Bann auf den Betrachter. Es war wie bei einer Hinrichtung: Jedem graute es davor, aber jeder musste hinsehen.
Seit einem Monat herrschte Unruhe auf der Blutfeste. Immer wieder ritten Dunkle Paladine aus. Meist waren sie zu Dritt und blieben mehrere Tage fort. Blutheim wuchs in dieser Zeit auch schneller als sonst. Immer mehr Söldner trafen ein und ließen sich im Schatten der Blutfeste nieder. Selbst Orks machten die Straßen unsicher. Feron musste mehr denn je aufpassen, dass sein Tarnung nicht aufflog. Er sehnte sich nach einem Badehaus oder nach einer üppigen Mahlzeit, doch würde er sich seiner Sehnsucht hingeben, wäre er schneller Tod als er „Es ist nicht so, wie es aussieht!“ sagen könnte.
Irgendwas geschah hier und Ferons Pflicht war es, dieser Sache auf den Grund zu gehen. Man munkelte von versteckten Kammern, Schätzen und Artefakten, die angeblich während der Bauarbeiten in der Blutfeste gefunden wurden. Dummerweise hatten nur Dunkle Paladine und auserwählte Personen Zutritt zur Festung.

Der Regen wurde immer heftiger. Die Blutfeste war nur noch als Dunkler Schatten über Blutheim auszumachen. Vereinzelt sah man erleuchtete Fenster in den düsteren Mauern aber ansonsten konnte man kein Lebenszeichen erkennen. Selbst die Zinnen, die man an manchen Stellen durch den Regen erkennen konnte, waren nicht von Wächtern besetzt. Dies war der Grund warum Feron nun Licht ins Dunkle bringen wollte. Vor einer Stunde holte er sein Bündel aus dem Versteck, welches er von 6 Monaten angelegt hatte. Es beinhaltete ein langes Seil, eine Armbrust, verschiedene Bolzen, Fläschchen mit diversen Giften, eine dunkle Gewandung, Dietriche und ein Kurzschwert. Jeder Schwertwächter der Priesterschaft beherrschte die Magie. Die einen besser, die anderen schlechter.. Feron zählte sich zu den durchschnittlich begabten Magiern. Er vertraute vor allem auf seine Geschicklichkeit und sein Schwert.
Nun lief er schon einige Zeit durch die morastigen Straßen und sein Verdacht bestätigte sich: Bei diesem Sauwetter ging keine Wache auf die Wehrgänge und der Weg war frei für den Spion der Priesterschaft.
Feron schlich in die Nähe der Felswand, auf der die Blutfeste thronte. Einige Meter über ihn begann das Mauerwerk und noch weiter Oben konnte man die Zinnen eines Wehrganges erkennen. Geschützt durch den Schatten einer verlassenen Hütte, griff Feron in seinen Beutel und holte seine Utensilien hervor. Er entkleidete sich und zog sich die dunkle Gewandung über. Dann griff er zu der Armbrust und setzte sie mit flinken Fingern zusammen. Das recht dünne, aber feste Seil befestigte er an einen Spezialbolzen. Feron blickte nach links und rechts, sah niemanden und schoss den Bolzen ab. Auf halber Strecke öffnete eine Mechanik den Bolzen und ließ vier Widerhaken hervorschnellen. Dann verschwand das Geschoss hinter den Zinnen. Vorsichtig zog Feron am Seil und stellte zufrieden fest, dass der Haken festsaß.
„Hallo Süßer! Lust auf ein wenig Spaß?“ Ferons Herz schien still zustehen und er wirbelte herum. Eine Frau um die Vierzig stand vor ihm. Sie war gekleidet und geschminkt wir eine typische Hure aus Blutheim. Das Kleid zeigte mehr, als es verdeckte und von dem grellen Rot des Lippenstiftes konnte man erblinden. Feron sagte nichts und starrte die Frau nur an. „Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen, Kleiner? Wenn du genug Geld hast, mache ich alles, was du willst!“ sagte die Hure mit einem koketten Lächeln und befreite den linken Busen aus dem viel zu engen Korsett, um ihn ein wenig von dem zu präsentieren, was ihr Kunde erwarten würde. Dann sah sie plötzlich das Seil und die Ausrüstung auf dem Boden liegen und schaute Feron verdutzt an. „ Moment!“, keifte sie. „ Was machst du hier? Du willst dich in die Festung einschleichen. Ha! Genau!“ Sie ließ ihre Brust los und wollte sich umdrehen und davonlaufen. Doch sie war zu langsam. Feron war mit einem Satz bei ihr, schlang blitzschnell einen Arm um ihren Körper und hielt mit der anderen Hand ihren Mund zu. Er presste sie fest an seinen Körper und flüsterte ihr in das Ohr: „Verzeih mir!“. Die Frau weitete entsetzt ihre Augen als Ferons Hand von ihrem Mund glitt und ihr Kinn packte. Mit einem kräftigen Ruck brach er ihr Genick. Vorsichtig ließ er die Leiche zu Boden gleiten und sah sich um. Anscheinend war niemand sonst in der Nähe. Er schleifte den Körper in den Schuppen und bedeckte ihn mit einigen losen Brettern. Als er sich vergewissert hat, dass die Leiche nicht so schnell entdeckt werden konnte, ging er zurück zu seinen Habseligkeiten, rüstete sich komplett aus und begann seinen Aufstieg, um die Blutfeste zu betreten.



7.

„Ach Scheiße!“ brüllte Heinrich. „Du betrügst. Die Würfel sind gezinkt. Ich weiß das!“ Er lief rot an und war unheimlich wütend. Das sechste Mal in Folge verlor er beim Würfeln. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Seine Kameraden in der Wachstube lachten lauthals und stießen mit ihren Bechern an. Heinrich grummelte, packte seine Hellebarde und seinen Eisenhut. „Verfluchte Bande!“, murmelte er und verließ die Stube. Der Regen prasselte auf seinen Helm. Er ging einige Schritte und steckte sich seine Pfeife an. Noch zwei Monate, dann hätte er genug Sold zusammen, um wieder nach Hause zu gehen. Er würde seine Frau wieder sehen, von der er sich vor 7 Monaten getrennt hatte. Er würde sich ein schönes Häuschen in Waldbach kaufen und viele Kinder haben. Er mochte Kinder. Heinrich zog zufrieden an seiner Pfeife. Seine Wut war wie verflogen. Natürlich machte er sich Gedanken über die Dunklen Paladine. Seine Frau hatte ihn gewarnt in ihre Dienste zu treten. Aber das Geld war zu verlockend. Nie würde er woanders soviel Geld verdienen in so kurzer Zeit. Sir Hurl war gemein, boshaft und hinterhältig aber auch spendabel. Heinrich sog nochmals tief an der Pfeife. Er wunderte sich über den Schatten, der vor ihm auftauchte. Was hat der Mann hier zu suchen? Nur Wächter dürfen die Wehrgänge betreten und Besucher würden wohl kaum bei diesem Sauwetter herumspazieren. Dann starb er…
Feron beugte sich über die Leiche des Wächters und zog den Bolzen aus seiner Kehle. Pfeifenqualm stieg aus dem Mund des Mannes und er versicherte sich, ob der Wächter tot war, indem er seinen Dolch tief in dessen Herz stieß. Er packte den Körper und warf ihn über die Zinnen und sah zu, wie sein Opfer am Fuß der Felsenwand zerschmetterte.
Stundenlang war niemand zu sehen! Wieso musste ausgerechnet jetzt ein Wächter auftauchen? Feron musste sich beeilen, wenn er herausfinden wollte, was in der Blutfeste los war. Es würde sicher nicht lange dauern, bis man den Wächters vermissen würde. Der Schwertwächter schlich auf eine große beschlagene Tür zu und blickte durch das Schlüsselloch. Als er sich sicher war, dass sich niemand hinter der Tür befand, öffnete er sie und schlüpfte hinein.
Er musste sich erst an die neue Umgebung gewöhnen. Er befand sich in einem langen Gang mit groben Mauern. In unregelmäßigen Abständen waren Türen in die Wände eingelassen und nur einige Fackeln beleuchteten spärlich die Umgebung. Feron wartete etwas bis sein Kleidung nicht mehr so stark tropfte und ging dann vorsichtig den Gang entlang.
An jeder Tür hielt er kurz an und horchte. Manchmal erklang ein Schnarchen aber meist war es ruhig. Er wusste, dass er tiefer hinab musste. Wenn irgendwas Besonderes in dieser Festung gefunden wurde, dann nur in den älteren Bereichen der Blutfeste. Und das müssten die unteren Etagen sein.
Nach einigen Metern erreichte er eine Wendeltreppe, die hinauf und hinab führte. Er nahm den Weg nach unten. Am Fuße der Treppe angekommen eröffnete sich ein weiterer Gang vor ihm. Am anderen Ende sah er einen Wächter, der sich mit einem Apfel beschäftigte. Feron ging gebeugt aber schnell auf den Wächter zu. Er murmelte leise einige Worte ohne dabei stehen zu bleiben. Der Wächter blickte träge auf und sah erschrocken, wie eine dunkle Gestalt ganz leise aber unheimlich schnell auf ihn zukam. Feron stoppte abrupt sein Gemurmel, hob seine Hand und spürte einen leichten Rückstoß im Arm. Eine unheimlich starke Windböe entstand aus dem Nichts und schoss von seiner Hand in Richtung des verdutzten Mannes. Der Wächter wurde gegen die Wand geschleudert und sackte ohnmächtig zu Boden. Bevor der Ohnmächtige den Boden berührte, war Feron schon an der Tür und presste sich gegen die Wand. Sein Herz pochte. Er versuchte die Tür zu öffnen, doch sie war verschlossen. Ohne auf seine Finger zu achten, griff er in seine Gürteltasche und holte einen Dietrich hervor. Nach einigen Sekunden war das Schloss geknackt und Feron verschwand aus dem Gang.



8.

Leonardo liebte das kribbeln im Bauch, wenn es etwas zu entdecken galt. Schon als Kinder sind Lucretio, Malcom und er durch Goldstadt geschlichen. Haben böse Drachen im Weinkeller ihres Vaters erschlagen und Prinzessinnen aus den Fängen von bösen Orks befreit. Oft holten sie sich eine Tracht Prügel bei Uther ab, wenn sie es wieder mal übertrieben hatten und ihre Hosen und Hemden nur noch aus Löchern und Flecken bestanden.
„Was grinst du so?“ fragte Finnje, als er Leonardo die Laterne reichte. „Nur so.. ich war in Gedanken.“, antwortete Leonardo. Er nahm die Laterne entgegen und kletterte die eiserne Leiter hinab in die Dunkelheit. Unten angekommen hob er sie an und blickte sich um. Er stand in einem breiten Tunnel, der durch morsche Holzbalken gestützt wurde. Die eine Seite muss vor vielen Jahren zusammengebrochen sein. Die andere Seite des Tunnels führte weiter in die Dunkelheit. Ansonsten war wenig zu sehen. Alles wirkte sehr provisorisch. Leonardo war ein wenig enttäuscht. „Hier unten ist nicht viel zu sehen.“, rief er nach oben. „Ich stehe in einer Art Tunnel. Von Zwergen stammt er bestimmt nicht. Die Wände sind zu grob behauen. Mich wundert es, dass der Tunnel nicht schon längst eingestürzt ist.“ Leonardo hörte das besorgte jammern von Willi und das meckern von Bertha. Wenn der „Lachende Troll“ weiterhin bestehen soll, muss man den Tunnel besser sichern oder komplett zuschütten. „Ich werde mal weiter in den Tunnel hineingehen. Mal sehen wohin er führt.“ Leonardo wollte sich gerade auf den Weg machen, als er Bandorin und Finnje nahezu gleichzeitig durch das Loch schlüpfen sah, was bei der Statur von Finnje eine bemerkenswerte Leistung war. „Heee, warte! Wir kommen mit! Wir wollen auch Spaß haben!“, sagte Bandorin und sprang von der Leiter. Die restlichen Söldner und Sagorian folgten. Nach einigen Metern endete der Tunnel und der Trupp stand vor einer modrigen, hölzernen Tür die irgendwie verschlossen war aber kein schloss hatte. Überall vor der Tür lagen Knochen verstreut auf dem Boden. „Was haltet ihr davon?“, fragte Leonardo in die Runde, die ebenso ratlos erschien. „Für mich sieht es aus als hätte hier ein Kampf statt gefunden.“, mutmaßte Dorian. „Anscheinend wollten die Kerle hier auf dem Boden durch diese Tür da. Tja, sie hatten wohl wenig Erfolg.“ „Mich würde interessieren, was hinter der Tür ist.“, sagte Saphos und alle murmelten ihre Zustimmung zu dieser Idee. „Gut! Shardush, könntest du mal bitte?, fragte Leonardo. Der Ork grinste und nahm seine schwere Axt in Beide Hände. Holz splitterte und nach wenigen Hieben war von der Tür nicht mehr viel übrig. Modrige Luft drang in den Tunnel und alle warteten bevor sie durch die Türöffnung traten.
Der Raum wirkte nicht so provisorisch wie der Tunnel. Die Wände waren mit Steinen verkleidet. Der Boden bestand aus Steinplatten und selbst die Decke hatte man mit schweren Holzbalken und Steinblöcken gesichert und verkleidet. Jemand wollte wohl diesen Raum für längere Zeit und sehr oft benutzen. Auch hier lagen Knochen auf dem Boden herum. Kisten standen übereinander gestapelt wie Barrieren mit im Raum. Hinter den Kisten lagen Skelette die teilweise Rüstung trugen. „Ich habe nie zuvor solche Rüstungen gesehen. Die Formen und die eingravierten Symbole sind mir völlig fremd.“, sagte Tara. Imion beugte sich zu einem Skelett runter und nahm eine verrostete Klinge auf. „Mh, die Angreifer scheinen mit allem angegriffen zu haben, was irgendwie Verletzungen verursacht. Auf jeden Fall war es ihnen egal, ob sie geschützt waren oder nicht. Ich sehe keinen Schild, nur spärliche Rüstungen. Die Verteidiger hinter den Kisten waren besser ausgestattet.“ Imion warf die Klinge weg und holte langsam einen Pfeil aus seinem Köcher hervor. „Und mir ist noch etwas aufgefallen..“, sagte er düster. „Ja..“, fiel Finnje ihm ins Wort und griff zu seinem Schwert. „Die meisten Köpfe der Angreifer wurden abgeschlagen!“ Jeder griff zu seiner Waffe und rückte zu den anderen bis sie Rücken an Rücken standen und einen Kreis bildeten. „Untote!“, keuchte Bandorin. „Großartig! Untote kann man nur endgültig erledigen, wenn man ihnen den Kopf abschlägt. Grrr, warum ist das uns nicht früher aufgefallen… “, sagte Dorian grimmig. Alle behielten die Skelette im Auge. Doch es rührte sich nichts. Sagorian trat aus dem Kreis hervor und steckte sein Schwert in die Scheide. „Wenn hier Nekromantie am Werk war, so ist ihre Macht schon längst verschwunden. Ich kann auf jeden Fall nichts mehr spüren.“ Alle atmeten auf und steckten ihre Waffen weg.
Um auf Nummer sicher zu gehen, warfen die Söldner alle Waffen, die sie finden konnten auf einen Haufen, außer Reichweite der Skelette.
Dann sahen sie sich weiter um. Sie fanden einen Waffenhalter, der leer war. Die Kisten waren auch leer und dienten womöglich nur als Schutz vor den Angreifern. Der Raum besaß zwei weitere Türen. Die eine Tür führte in einen kleinen Nebenraum. Dort lagen Pritschen, die wohl als Schlafgelegenheit dienten. Die andere Tür öffnete den Weg in einen weiteren Gang. Nachdem sich die Söldner Souvenirs in Form von Zähnen, Dolchen und Pfeilspitzen genommen und sie die Gegenstände wie auf einem Basar getauscht hatten, waren alle zufrieden und sie setzten den Weg fort.
Nach einigen Minuten Marsch wurde der Gang breiter und höher. Alle blieben stehen und bewunderten die Architektur. „Das sieht mir nicht mehr nach einem Versteck von Flüchtigen aus!“ kommentierte Bandorin. Sie standen in einer Art Galerie. Die Decke befand sich in fünf Metern Höhe. Links und rechts standen jeweils acht lebensgroße Statuen in Wandnischen und streckten ihre Zeigefinger aus, die auf den Boden zeigten. In der Mitte der Galerie direkt zwischen den ersten beiden Statuen stand eine Säule, die in Hüfthöhe eine Schale trug. Auf der Schale konnte man ein Flammensymbol erkennen. Zwischen den nächsten Statuen stand wieder eine Säule. Insgesamt 8 Säulen konnte man erkennen. Leonardo blickte auf den Boden und konnte einen Leichnam sehen, der in der Mitte zerteilt war. Er trug eine Vollplatte, aber der Harnisch wurde durchtrennt als handelte es sich dabei um Butter. Leonardo nahm den Helm des Ritters ab und blickte in eine entsetzte Fratze. „Der hier ist noch nicht lange Tod.“, sagte Leonardo leise. „Die Rüstung kommt mir auch nicht so fremdartig vor. Zwar ist sie alt, aber höchstens zwanzig oder dreißig Jahre.“ Leonardo fiel ein Stück Pergament auf, was zwischen den Fingern des Toten zu sehen war. Mit der Ferse seines Stiefels brach Leonardo die Finger der Hand und nahm das Pergament an sich. „Seltsam.“, murmelte er. „Da stehen nur einige Zahlen. 5, 3, 4, 2, 1, 3,5 und 4. Was hat das zu bedeuten?“ Leonardo kratzte sich am Kopf, während er das Pergament drehte und auch auf der Rückseite nichts Weiteres finden konnte.
Sagorian schaute sich inzwischen die erste Säule an. Sie war kunstvoll verziert und die Schale zeigte Spuren von Ruß. „Mh, mal sehen was passiert.“, sagte Sagorian zu sich selbst und murmelte einige Wörter. Eine kleine Flamme glühte plötzlich an seinem Zeigefinger. Vorsichtig hielt er den Finger an die Schale. Im Nu brannte in der Schale ein Feuer. Wie von Zauberhand entstand in der zweiten Schale auch ein Feuer, dann in der Dritten, bis alle acht Schalen brannten. „Wie ich mir dachte.“, triumphierte Sagorian. „Brennende Gase!“
Plötzlich glühten die Stirne der Statuen grell auf. Kleine Juwelen steckten in der Stirn jeder Statue und begannen durch das Licht der Feuer grell zu leuchten. Die Galerie wurde eingehüllt von einen Spiel aus Licht und Schatten.
„Hübsch.“, kommentierte Shardush während er die Taschen des toten Ritters durchwühlte, die dummerweise alle leer waren.
„Na, dann lasst uns mal weitergehen.“, rief Finnje. Leonardo blickte verwirrt auf das Pergament. Irgendwas mussten die Zahlen doch bedeuten. Plötzlich fiel ihm was auf. Die Schatten! Die ausgestreckten Arme warfen Schatten, die auf bestimmte Punkte auf den Boden zu zeigen schienen.
Die Söldner gingen fröhlich plaudernd und lachend die Galerie entlang.
Leonardo blickte wieder auf das Pergament. Was bedeuten bloß die Zahlen? Hier stehen 16 Statuen. Auf dem Pergament stehen Zahlen von eins bis fünf. Leonardo stutzte. Er blickte auf seine Hand. Fünf Finger! Schnell blickte er zu den ersten beiden Statuen. Beide Statuen hoben den Rechten Arm und streckten den Zeigefinger aus. Die linke Hand ruhte auf dem Gürtel. Die linke Statue streckte drei Finger aus und die Rechte zeigte fünf Finger. „Das ist die Lösung!“ rief Leonardo. Da hörte er ein Klicken und Klackern hinter der Rechten Wand. Leonardo kannte sich gut aus mit Mechanik und neumodischen Erfindungen. Er identifizierte das Klackern sofort als Geräusch eines hölzernen Zahnrads.
„Das ist eine Falle!!!“ schrie Leonardo und die Söldner drehten sich verwundert um. Sie hatten die Galerie passiert und nichts war geschehen.
„Was ist?“, brüllte Bandorin zurück.
„Irgendwas wegen einer Falle.“, sagte Imion.
„Was für eine Falle?“, fragte Dorian.
„Keine Ahnung.“, antwortete Imion.
„Ich frag mal!“, sagte Finnje und wollte zurück zu Leonardo gehen.
„Bleibt bloß stehen!!!“ schrie Leonardo. Er bückte sich und pustete den Staub vom Boden. Deutlich waren nun Fugen von zwei Meter großen quadratischen Bodenplatten zu sehen. Die linke Statue zeigte mit ihrem Schatten auf eine Platte und die rechte auf eine andere Platte, die übersäht war mit Fußabdrücken, die die Söldner hinterlassen hatten.
„Soviel Glück kann doch kein Mensch haben!“ dachte sich Leonardo und trat in die Fußspuren der Söldner.
Während er vorsichtig den Spuren folgte, klärte er die Wartenden auf: „Die Galerie ist mit Tretfallen ausgelegt. Alle Statuen werfen mit ihren ausgestreckten Zeigefingern einen Schatten. Jeder Schatten zeigt dadurch auf eine bestimmte Bodenplatte. Um herauszufinden, welche der beiden gegenüberstehenden Statuen die ungefährliche Bodenplatte markiert, muss man die Zahlen auf diesem Pergament in ihrer Reihenfolge kennen und sich die Linke Hand der Statuen anschauen.“ Leonardo erreichte eine Stelle zwischen den beiden letzten Statuen. „Nun stehe ich zum Beispiel auf der Bodenplatte, über die ihr Glückspilze gegangen seid und die Statue mit 4 ausgestreckten Fingern an der linken Hand zeigt mit ihrem Schatten genau auf diese Platte.“ Leonardo grinste die Söldner an.
„Öhm, das tut sie nicht!“, warf Tara ein. Das Grinsen verschwand aus Leonardos Gesicht. Er folgte mit seinem Blick dem Schatten zu seinen Füßen in Richtung der dazugehörenden Statue und stellte verdutzt fest, dass die Statue nur 2 Finger zeigte.
Leonardo wurde kreidebleich. Plötzlich hörte er ein Knirschen unter sich und er stellte fest, dass sich einige Steinchen zwischen den Fugen lösten, welche die Bodenplatte daran hinderte, sich zu senken. Mit einem Ruck senkte sich die Bodenplatte um zwei Millimeter. Hinter der Mauer begannen die Zahnräder lauter und schneller zu rotieren und einen Herzschlag später erinnerte sich Leonardo an die zweigeteilte Leiche des Ritters. Er warf sich auf den Boden und eine Sichel, die von einer Wand bis zur Anderen reichte schoss aus der Decke hervor, schnitt in einem Bogen durch die Luft, sirrte haarscharf über Leonardos Kopf hinweg und verschwand wieder in der Decke.
Leonardo kroch mit der Nase im Staub die letzten zwei Meter bis zu den wartenden Söldnern und stand wieder auf. Mit zitternden Knien überprüfte er, ob noch alles an ihm dran war.
„Na, da haben wir ja noch mal Glück gehabt.“, sagte Saphos vergnügt und alle stimmten ihm zu. Plaudernd ging die Truppe weiter in den Gang hinein, der nun wieder die Größe erreichte, wie der Gang vor der Galerie.
Leonardo stand fassungslos und kreidebleich da und blickte den Söldnern nach, die scherzend weitermarschierten als ob nichts passiert wäre. „Für die ist das wie ein Picknick!“, sagte er zu sich selbst. „Sie sind Gefahren so sehr gewöhnt, dass einer unter ihnen plötzlich auseinanderplatzen könnte und ihr einziger Kommentar wäre: Interessant!“
Leonardo fasste sich wieder und folgte den Söldnern.

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